Neue Kollegen/innen im Beruf

Gestern Abend, am 26.11.2025, fand die offizielle Diplomübergabe für die Bergberufe an die Walliserinnen und Walliser statt. Anwesend waren zwei Staatsräte, die Präsidentin des Grossen Rates des Kantons Wallis und die Leiter der Dienststellen für Tourismus und Wirtschaft sowie für Naturgefahren. Dieses politische Engagement geht weit über die finanzielle Unterstützung hinaus, die der Kanton Wallis dem Nachwuchs in den Bergberufen gewährt. Es ist einzigartig in der Schweiz. Das muss immer wieder betont werden!

65 Bergberufsleute ihr Diplom vom Departement für Wirtschaft und Bildung des Kantons Wallis erhalten. Unter ihnen waren 50 Schneesportlehrerinnen und -lehrer, 9 Bergführerinnen und Bergführer, 4 Wanderleiterinnen und Wanderleiter sowie 2 Kletterlehrer. Eine Podiumsdiskussion zum Thema Auswirkungen der Klimaerwärmung auf die Aktivitäten im Gebirge rundete den Abend ab. Die Zahl der neuen Berufsleute im Bergsektor bleibt im Wallis stabil: 2024 waren es 59, die ihr Diplom erhielten, 2023 waren es 63 und 2022 insgesamt 52.

Frédérique Lang gehört zu den fünf Schweizerinnen, die dieses Jahr ihr Bergführer-Diplom erhalten. Fünfunddreißig Jahre nach ihrem Vater Jean-Vincent. Die ersten Schritte des Duos Lang im Gebirge liegen über zwei Jahrzehnte zurück. Ein Artikel im Nouvelliste – hier übersetzt –  erzählt von ihrem Werdegang.

Bei den Langs sind Vater und Tochter Bergprofis

Nouvelliste 27.11.2025. Originaltext Sophie Dorsaz, Fotos Sascha Bittel

Im Tal von Siviez haben die ersten Schneeflocken die Berghänge überzuckert – wie ein kleiner Gruß an die Familie Lang, deren Bergleidenschaft genau hier, auf Schnee, begonnen hat. Jean-Vincent arbeitete dort als Skilehrer, bevor er die Ausbildung zum Bergführer begann.

Seine Tochter Frédérique stieg auf dieselbe Weise in die Bergwelt ein und wird nun ebenfalls Bergführerin. Diese Woche erhält sie ihr eidgenössisches Diplom – 35 Jahre nach ihrem Vater, der bescheiden sagt, er sei «ziemlich stolz» und bis über beide Ohren lächelt.

Gemeinsam lernen: Höhe, Leere und Verzicht

Die ersten Schritte der beiden Lang im Gebirge liegen über zwanzig Jahre zurück, auf «kleinen Graten im Tal». Es folgten anspruchsvollere Touren in ihrer Jugend: der Mont-Blanc de Cheillon, das Breithorn und schließlich die majestätische Dent-Blanche im Nachbartal. „Ich entdeckte eine neue Welt: die sehr frühen Aufbrüche, die Sonnenaufgänge über den Gipfeln, die Leere zu beiden Seiten. All das, was es unten nicht gibt“, erinnert sich Frédérique.

An der Seite ihres Vaters lernt sie, auf schmalem Grat zu gehen, die Füße bewusst zu setzen, mit technischem Material umzugehen. Und sie lernt, dass Umkehren manchmal besser ist. Eine Erinnerung, die noch lebendig ist: Am Fuß der Aiguilles rouges d’Arolla wollten sie eine Kletterroute beginnen. Das Wetter war instabil. Seilpartner vor ihnen waren schon eingestiegen – doch ihr Vater entschied, dass sie umkehren. Frédérique war enttäuscht. „Heute sage ich mir: Es ist ein Glück, mit dieser Philosophie aufgewachsen zu sein – dass man ein gestecktes Ziel nicht um jeden Preis erreichen muss.“

Zuerst die Lust – dann das Vertrauen

Trotz eines berggewohnten Elternhauses war die Berufswahl Bergführerin für Frédérique keineswegs selbstverständlich. Als Kind betrachtete sie die Leiter in ihren Berglagern mit Bewunderung: „In diesem Alter dachte ich naiv: Ich kann doch auch in den Bergen arbeiten. Ich sah darin kein Problem – auch wenn ich kein weibliches Vorbild hatte.“

Mit der Jugend kamen jedoch gesellschaftliche Normen: „Am Kollegium in Brig gab es unterschiedliche Sportnormen für Mädchen und Jungen. Für mich markierte das eine echte Trennung der Geschlechter.“

Ihre Mitbewohnerin machte beim Nachwuchsprogramm des Walliser Bergführerverbands mit. Sie wollte eigentlich auch – aber es fehlte das Vertrauen in sich selbst. Mit 22 überzeugt ihr Freund sie, sich gemeinsam anzumelden.

Heute gehört sie zu den rund 3 % der Bergführerinnen in der Schweiz und führt ihren Partner auf die Gipfel. „Die Zeiten ändern sich – zum Glück“, sagt ihr Vater. „Als ich 1988 anfing, hieß es: Das ist nichts für Frauen.“

Und das, obwohl Nicole Niquille bereits zwei Jahre zuvor als erste Frau in den Verband aufgenommen worden war.

Frischer Schwung für beide

Mit dem Diplom öffnen sich Frédérique neue Berufsperspektiven; gleichzeitig gibt es ihrem Vater neuen Schwung: „Ich möchte unbedingt die neuesten Techniken aus der Ausbildung kennen, um auf dem aktuellen Stand zu bleiben.“

Gemeinsam betrachten sie die Entwicklung des Berufs. Die Grundlagen seien zwar gleich geblieben, sagt Jean-Vincent, „aber das Lawinenwissen ist heute wesentlich präziser.“ Frédérique ergänzt: „Auch das Material ist viel besser. Man sollte einmal einen Rucksack für eine Grattour packen – mit der Ausrüstung von vor 30 Jahren. Der Gewichtsunterschied wäre enorm.“

Ihr Vater lacht: „Moment, wir hatten damals schon Gore-Tex und leichte Ausrüstung. Wir liefen nicht im Wollpullover herum.“

Anpassung der Touren und Techniken

Jean-Vincent beschreibt die damalige Zeit als eine Art goldene Ära des Alpinismus: „Die Nordwände waren gut eingeschneit, viele schöne Touren waren möglich – heute sind sie das nicht mehr. Aber Anpassung ist das Wesen unseres Berufs.“

Frédérique musste mit ihrem leichten Körperbau andere Techniken entwickeln: „Ich kann mit manchen Kunden nicht so an der kurzen Seilführung arbeiten wie ein kräftiger Kollege. Ich muss mehr mit dem Gelände spielen, Alternativen finden. Dadurch wird das Ganze vielleicht sogar sicherer.“

Das Restrisiko bleibt jedoch – eine Realität, die beide akzeptieren. „Für meine Frau ist das allerdings schwieriger“, gesteht Jean-Vincent.

Zwei Beruf – um der Freude willen

Trotz Diplom will sich die 30-Jährige nicht ausschließlich der Bergwelt widmen: „Ich habe großen Respekt vor denen, die das als einzigen Beruf machen. Ich habe gesehen, wie das bei meinem Vater war – das will ich nicht für mich.“

Um die Freude nicht zu verlieren, wählt sie zwei Berufe: Obwohl sie ein Physiotherapie-Diplom besitzt, beginnt sie im kommenden Frühling eine Ausbildung zur Rettungssanitäterin.

Ihr Vater lächelt: „Ich frage mich, wann sie wohl einmal aufhören wird.“

Doch jetzt ist der Winter in Siviez angekommen – und Vater und Tochter können ihre erste weiße Saison als Kollegen verbringen, Skier an den Füßen.